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Studie: Konformitätsdruck

Das Milgram-Experiment ist in der Tat eine der bekanntesten Studien zur Untersuchung von



Gehorsam gegenüber Autoritäten und Konformitätsdruck. Eine moderne Vergleichsstudie, die neue Erkenntnisse zu diesem Thema liefert, ist das "Virtual Reprise of the Stanley Milgram Obedience Experiments" von Mel Slater et al., durchgeführt im Jahr 2006 und veröffentlicht in PLOS ONE.

 

Virtuelle Replikation des Milgram-Experiments

Diese Studie nutzte Virtual-Reality-Technologie, um eine moderne Version des Milgram-Experiments durchzuführen. Die Forscher wollten untersuchen, ob Menschen in einer virtuellen Umgebung ähnliche Verhaltensweisen zeigen würden wie in Milgrams ursprünglichem Experiment.

 

Methodik

  • 34 Teilnehmer interagierten mit einer virtuellen Frau (dem "Lerner") in einer immersiven virtuellen Umgebung.

  • Die Teilnehmer wurden angewiesen, der virtuellen Frau bei falschen Antworten elektrische Schocks zu verabreichen.

  • Die Intensität der Schocks stieg schrittweise an, ähnlich wie in Milgrams ursprünglichem Experiment.

  • Die virtuelle Frau zeigte zunehmend Anzeichen von Unbehagen und bat darum, das Experiment abzubrechen.

 

Ergebnisse

  • Stressreaktionen: Obwohl die Teilnehmer wussten, dass die Situation virtuell war, zeigten sie deutliche physiologische Stressreaktionen, wenn sie der virtuellen Frau Schocks verabreichen mussten.

  • Gehorsamsverhalten: 6 von 23 Teilnehmern (26%) brachen das Experiment vorzeitig ab. Die übrigen 17 Teilnehmer (74%) führten das Experiment bis zum Ende durch, trotz des offensichtlichen Unbehagens der virtuellen Frau. Präsenzgefühl: Teilnehmer, die ein stärkeres Gefühl der Präsenz in der virtuellen Umgebung hatten, zeigten stärkere Stressreaktionen.

 

Neue Erkenntnisse

  • Virtuelle Autorität: Die Studie zeigt, dass selbst in einer virtuellen Umgebung Autoritätsfiguren einen starken Einfluss auf das Verhalten von Menschen haben können.

  • Ethische Forschungsmöglichkeiten: Die Verwendung von Virtual Reality ermöglicht es, ethisch heikle Experimente wie das von Milgram in einer kontrollierten und sicheren Umgebung durchzuführen.

  • Realitätswahrnehmung: Obwohl die Teilnehmer wussten, dass die Situation nicht real war, reagierten sie emotional und physiologisch, als wäre sie es. Dies deutet darauf hin, dass das menschliche Gehirn virtuelle Situationen ähnlich wie reale verarbeiten kann.

  • Präsenz und Reaktion: Die Stärke der emotionalen und physiologischen Reaktionen hing mit dem Gefühl der Präsenz in der virtuellen Umgebung zusammen. Dies unterstreicht die Bedeutung der Immersion für die Wirksamkeit virtueller Experimente.

 

Fazit

Die virtuelle Replikation des Milgram-Experiments bestätigt viele der ursprünglichen Erkenntnisse in einem modernen Kontext. Sie zeigt, dass Menschen auch in virtuellen Umgebungen bereit sind, Anweisungen zu befolgen, die gegen ihr moralisches Empfinden verstoßen. Gleichzeitig eröffnet die Studie neue Möglichkeiten für die ethische Durchführung von Experimenten zu Gehorsam und Konformität.

Die Ergebnisse unterstreichen die anhaltende Relevanz von Milgrams Arbeit und zeigen, dass die Mechanismen von Gehorsam und Autorität auch in der digitalen Ära wirksam sind. Dies hat wichtige Implikationen für das Verständnis von Konformitätsdruck in modernen Arbeitsumgebungen, einschließlich virtueller Teams und Remote-Arbeit.

Zukünftige Forschung könnte diese Erkenntnisse nutzen, um Strategien zu entwickeln, die Menschen dabei unterstützen, in toxischen Unternehmenskulturen widerstandsfähiger gegen unangemessenen Konformitätsdruck zu werden und ethisches Verhalten auch unter schwierigen Umständen aufrechtzuerhalten.

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